| Verwenden Einzelhändler eine PC-Kasse, die detaillierte Informationen zu den einzelnen Barverkäufen aufzeichnet und diese dauerhaft speichert, dann kann der Betriebsprüfer im Rahmen einer Außenprüfung auch auf die Kasseneinzeldaten zugreifen. Dies hat der Bundesfinanzhof in drei zu Apotheken ergangenen Urteilen entschieden. |
Sachverhalt
In einem der Streitfälle nutzte eine buchführungspflichtige Apotheke ein speziell für Apotheken entwickeltes PC-gestütztes Erlöserfassungssystem mit integrierter Warenwirtschaftsverwaltung. Die Tageseinnahmen wurden über modulare PC-Registrierkassen erfasst, dann durch Tagesendsummenbons ausgewertet und als Summe in ein manuell geführtes Kassenbuch eingetragen. Bei einer Außenprüfung verweigerte das Unternehmen dem Prüfer den Datenzugriff auf die Einzeldokumentation der Warenverkäufe, weil es nicht zu Einzelaufzeichnungen verpflichtet sei. Dies sah der Bundesfinanzhof allerdings anders.
Für bare Kasseneinnahmen hatte der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung aus 1966 klargestellt, dass der nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung(GoB) aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfall nicht nur der am Tagesende insgesamt vereinnahmte Betrag (Tageslosung) ist. Gleichzeitig hatte er aber auch angeführt, dass die GoB nur eine Einzelaufzeichnung der Kassenvorgänge im Rahmen des nach Art und Umfang des Geschäftes Zumutbaren verlangen.
Demzufolge hatte der Bundesfinanzhof die Einzelaufzeichnungspflicht für Einzelhandelsgeschäfte ? in Unternehmen, in denen Waren von geringem Wert an eine unbestimmte Vielzahl nicht bekannter und auch nicht feststellbarer Personen verkauft werden ? dahingehend eingeschränkt, dass die baren Betriebseinnahmen grundsätzlich nicht einzeln aufgezeichnet werden müssen.
Wer aber, so der Bundesfinanzhof in den aktuellen Urteilen, ein Kassensystem benutzt, das alle Kassenvorgänge einzeln aufzeichnet und speichert, der verzichtet auf diese Erleichterung und kann sich nachträglich nicht auf die Unzumutbarkeit der Aufzeichnungsverpflichtung berufen. Der Betriebsprüfer kann dann bei einer Außenprüfung auf die Kasseneinzeldaten zugreifen.
Praxishinweise
Besteht das Datenzugriffsrecht, ist indes zu prüfen, ob die Anforderung im Einzelfall ermessensgerecht ist. Da vorliegend keine Ermessensfehler geltend gemacht wurden, hat sich der Bundesfinanzhof hiermit nur am Rande beschäftigt und ausgeführt, dass hierfür keine Anzeichen bestanden.
Zur Ermessensausübung ist aber auch auf ein Urteil des Finanzgerichts Münster hinzuweisen. Dort hatte der Außenprüfer die Daten des Warenwirtschaftssystems auch in elektronisch aufbereiteter Form als Excel-Datei verlangt. Die Apothekeninhaberin setzte das Excel-Programmmodul aber gar nicht ein. Das Finanzgericht wies das Verlangen daher als ermessenswidrig zurück.
Im Hinblick auf berufliche Verschwiegenheitspflichten führt der Bundesfinanzhof Folgendes aus: Soweit der Steuerpflichtige meint, dass einzelne Daten nicht steuerrelevant seien, muss er sie selektieren. Patientenbezogene Daten, deren Herausgabe er verweigern darf, muss er selbst entfernen. Ist das nicht möglich, kann der Steuerpflichtige den Zugriff nicht aus diesem Grund verweigern. Er trägt damit die Verantwortung und das Risiko, wenn steuer- und nicht steuerrelevante Daten vermengt sind.
Quelle | BFH-Urteile vom 16.12.2014, Az. X R 42/13, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 176203; Az. X R 29/13, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 176197; Az. X R 47/13, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 176198; BFH-Urteil vom 12.5.1966, Az. IV 472/60; FG Münster, Urteil vom 7.11.2014, Az. 14 K 2901/13 AO