Das Hessische Finanzgericht hält die Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Spekulationsgeschäften mit Wertpapieren auch ab 1999 für ernstlich zweifelhaft, da das vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) beanstandete Vollzugsdefizit trotz des inzwischen eingeführten Kontenabrufverfahrens fortbestand.
Mit dem Beschluss für den Veranlagungszeitraum 2000 führt das Finanzgericht wieder neue Argumente gegen die Besteuerung von Börsengeschäften an, nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) jüngst die Besteuerung ab 1999 mit dem Verweis auf die Recherchemöglichkeiten durch den Kontenabruf in Verbindung mit den Jahresbescheinigungen für verfassungsgemäß erklärt hatte. Laut BFH sei für die rückwirkende Herstellung der Verfassungsmäßigkeit die zehnjährige Festsetzungsfrist bei Steuerhinterziehungen maßgeblich. Diese verlängerte Verjährungsfrist hat das BVerfG aber offensichtlich nicht einbezogen, sonst hätte es die Besteuerung in den Jahren 1997 und 1998 nicht für verfassungswidrig erklären können.
Weiterhin hat das Bundesministerium der Finanzen selbst praktische und technische Probleme eingeräumt, Finanzämter haben in den ersten beiden Jahren bis Ende April 2007 bundesweit erst in 43.952 Fällen einen Suchlauf gestartet. Eine Kontenabfrage vom Schreibtisch des Sachbearbeiters ist bis heute nicht möglich. Damit erfolgt keine stichprobenartige, sondern nur eine verdachtsabhängige Überprüfung. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bestehen daher zumindest für veranlagte Jahre bis 2003.
Hinweis: Akuter Handlungsbedarf für Anleger besteht nicht, da Bescheide ab 1999 ohnehin insoweit vorläufig ergehen und der Sachverhalt bereits beim BVerfG anhängig ist. Das Jahr 1996 sollte aufgrund einer anhängigen Revision beim BFH bei Gewinnen jedoch weiter offengehalten werden, hier gibt es keinen Vorläufigkeitsvermerk (Hessisches FG, Beschluss vom 5.7.2007, Az. 1 V 1282/07).