Eine Freiberuflersozietät kann ihre Liquiditätsreserve auch in gängigen Aktien oder Fondsanteilen anlegen, ohne dass dadurch der betriebliche Zusammenhang gelöst wird. Dies hat das Finanzgericht Hamburg entschieden.
Nach der neueren Rechtsprechung ist eine unterschiedliche Behandlung der einzelnen Gewinnermittlungsarten nicht vom Gesetz gedeckt und deshalb können auch Einnahmen-Überschuss-Rechner gewillkürtes Betriebsvermögen bilden. Ein Wirtschaftsgut kann dann zum gewillkürten Betriebsvermögen gehören, wenn es den Betrieb fördert.
Zwar beinhalten Aktien und Fonds immer auch ein spekulatives Element. Bei Freiberuflern mit stabiler Gewinnentwicklung kann allein dadurch die Widmung zum gewillkürten Betriebsvermögen jedoch nicht entfallen. Sollen finanzielle Mittel für Ersatzinvestitionen laufend angespart und nicht durch Kredite finanziert werden, ist diese Entscheidung von Freiberuflern legitim und steuerlich grundsätzlich zu akzeptieren. Auf welche Weise der Ertrag erwirtschaftet wird, spielt so lange keine Rolle, wie er für betriebliche Zwecke verwandt werden soll. Das gilt nur dann ausnahmsweise nicht, wenn im Zeitpunkt von Anschaffung oder Einlage bereits Verluste zu erwarten sind.
Hinweis: Dem Urteil kommt künftig eine größere Bedeutung zu. Denn um den nachteiligen Auswirkungen der Abgeltungsteuer 2009 im Privatbereich zu entgehen, kann es sinnvoll sein, Wertpapiere dem Betriebsvermögen zuzuführen.
Da Steuerpflichtige aber kein freies Wahlrecht haben, gewillkürtes Betriebsvermögen oder Privatvermögen zu bilden, muss die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens immer auch betrieblich veranlasst sein, d.h., sie muss ihr auslösendes Moment im Betrieb haben. Deshalb muss in diesen Fällen dargelegt werden, welche vernünftigen wirtschaftlichen Überlegungen den Freiberufler veranlasst haben, das Wirtschaftsgut als Betriebsvermögen zu behandeln. Darüber hinaus sind die speziellen Anforderungen an die Bildung von Geldanlagen als gewillkürtes Betriebsvermögen durch Freiberufler zu beachten. Erforderlich ist eine eindeutige Dokumentation des entsprechenden Widmungswillens durch einen Ausweis in der Buchführung. Bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist die erstmalige Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen bei Erwerb oder Einlage notwendig, sodass ein Betriebsprüfer ohne Weiteres die Zugehörigkeit erkennen kann. Anschließend müssen die Erträge aus den Wertpapieren als Betriebseinnahmen erklärt werden und die Erfassung der Wertpapierverkäufe auf Betriebskonten sichergestellt sein (FG Hamburg, Urteil vom 25.4.2007, Az. 2 K 239/05).