Der Bundesfinanzhof hat jüngst bestätigt, dass auch Erbfälle ab dem 1.7.2016 der Erbschaftsteuer unterliegen. Die Entscheidung war von der Praxis mit Spannung erwartet worden, da insbesondere infrage gestellt wurde, ob der Gesetzgeber im November 2016 erbschaftsteuerrechtliche Regelungen rückwirkend ab dem 1.7.2016 in Kraft setzen konnte.
Auslöser des Streits war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014. Dieses hatte entschieden, dass das damals gültige Erbschaftsteuerrecht zwar verfassungswidrig war, trotzdem aber bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber weiter angewendet werden konnte. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, spätestens bis zum 30.6.2016 eine Neuregelung zu schaffen.
Sachverhalt |
Im Streitfall trat der Erbfall für die Steuerpflichtige am 28.8.2016 ein. An diesem Tag verstarb ihre Tante, die ihr ausschließlich Privatvermögen vererbte. Zu diesem Zeitpunkt war das Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Erbschaftsteuerrechts noch nicht abgeschlossen. Deshalb vertrat die Steuerpflichtige die Auffassung, ihr Erwerb unterliege nicht der Erbschaftsteuer, die Rückwirkung der Neuregelung sei unzulässig und damit verfassungswidrig. |
Der Bundesfinanzhof sah das aber anders. Da das Bundesverfassungsgericht festgelegt hatte, dass das bisherige Recht bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar ist, ist die Festsetzung der Erbschaftsteuer für das erworbene Privatvermögen auf Grundlage der bestehenden Bestimmungen rechtmäßig gewesen. Der Gesetzgeber hat lediglich die Besteuerung des Erwerbs von Betriebsvermögen neu geregelt. Nicht geändert haben sich (wie im Streitfall) die Regelungen zum Erwerb von Privatvermögen.
Beachten Sie Deshalb konnte der Bundesfinanzhof auch offenlassen, ob die 2016 geänderten großzügigen Regelungen zum Erwerb von Betriebsvermögen verfassungskonform sind. Denn sie spielten im Streitfall keine Rolle.
Quelle | BFH-Urteil vom 6.5.2021, Az. II R 1/19, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 225803; BFH, PM Nr. 41/21 vom 11.11.2021