Bislang unterwarf die Finanzverwaltung auch erfolgsabhängige Prämien der Umsatzsteuer. Den jüngst durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eingetretenen Systemwechsel hat die Finanzverwaltung nun (bedingt) nachvollzogen.
Änderung der Rechtsprechung
Nach bisheriger Sichtweise ging die Finanzverwaltung auch bei Wettbewerbs-Prämien (z. B. bei tierzüchterischen Leistungsprüfungen oder Wettbewerbspreisen) von einer umsatzsteuerlichen Leistungsvergütung aus. In diesem Sinne hatte auch der Bundesfinanzhof bislang entschieden (z. B. zu Geldgewinnen eines Berufskartenspielers).
Demgegenüber gelangte der Europäische Gerichtshof in 2016 zu dem Ergebnis, dass der durch Teilnahme an einem Pferderennen durch Erstplatzierung gewonnene Geldpreis kein umsatzsteuerliches Leistungsentgelt sein kann. Denn der Rennteilnehmer hat dem Veranstalter mit seiner Platzierung keine verwertbare Leistung zugewandt. Im Zuge dieser Entscheidung hat auch der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung modifiziert und dabei platzierungsabhängige Preisgelder mangels Leistungsaustausch von der Umsatzbesteuerung ausgenommen.
Neue Sichtweise der Verwaltung
Wegen der geänderten Rechtsprechung hat das Bundesfinanzministerium den Umsatzsteuer-Anwendungserlass nun angepasst. Danach unterliegen platzierungsabhängige Preisgelder des Veranstalters bei Pferderennen, Pokerturnieren, sportlichen Wettbewerben, Schönheitskonkurrenzen, Ausscheidungsspielen und Ähnlichem nicht mehr der Umsatzsteuer.
Zugleich hat das Bundesfinanzministerium aber auch klargestellt, dass die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs keine Relevanz hat für die Leistungen der Geldspielautomatenaufsteller oder Spielbankbetreiber. Denn deren Leistung gegenüber dem Spieler besteht in der Zulassung zum Spiel mit Gewinnchance gegen Entgelt (Spieleinsatz). Zudem sind die platzierungsabhängigen Preisgelder abzugrenzen von Zahlungen, die ein Wettbewerbsteilnehmer vom Veranstalter bereits für die schlichte Teilnahme erhält.
Merke | Die Teilnahme an einem Wettbewerb stellt dann eine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung dar, wenn der Veranstalter für sie eine von der Platzierung unabhängige Vergütung zahlt (z. B. Antrittsgelder oder platzierungsunabhängige Preisgelder). Eine Staffelung der Vergütung ist insoweit unschädlich.
Ferner ist die neue Rechtsprechung bzw. Sichtweise nicht auf die Umsatzbesteuerung sonstiger erfolgsabhängiger Vergütungen zu übertragen. Im Regelfall wird daher auch eine erfolgsabhängige Vergütung als Gegenleistung für eine steuerbare Leistung (z. B. Vermittlung, Verkaufsförderung, Versteigerung, Währungsumtausch o. Ä.) gezahlt. Die Ungewissheit der Zahlung des Entgelts beseitigt den unmittelbaren Zusammenhang mithin nicht ausnahmslos.
Merke | Bei der Prüfung, ob bei erfolgsabhängigen Vergütungen ein Leistungsaustausch vorliegt, ist danach zu differenzieren, ob die Zahlung für einen (ungewissen) Erfolg oder aufgrund einer tatsächlich erbrachten Leistung erbracht wird.
Die neue Sichtweise der Finanzverwaltung ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Bei platzierungsabhängigen Preisgeldern wird es jedoch nicht beanstandet, wenn die Beteiligten bei vor dem 1.7.2019 stattfindenden Wettbewerben/Tierleistungsprüfungen einvernehmlich (auch für Vorsteuerabzugszwecke) von steuerpflichtigen Entgelten ausgehen.
Quelle | BMF-Schreiben vom 27.5.2019, Az. III C 2 – S 7100/19/10001 :005, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 209402; BFH-Urteil vom 26.8.1993, Az. V R 20/91 zu Geldgewinnen eines Berufskartenspielers; EuGH-Urteil vom 10.11.2016, Az. C-432/15, Ba?tová