Kann ein Arbeitnehmer wegen Krankheit seinen bezahlten Jahresurlaub nicht innerhalb der vorgesehenen Frist nehmen, verfällt der Anspruch nicht. Der nicht genommene Jahresurlaub ist vielmehr abzugelten. Mit dieser Entscheidung stellt der Europäische Gerichtshof eine Regel auf, die der derzeitigen Gesetzeslage in der Bundesrepublik entgegensteht.
Der Fall war vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf zum Europäischen Gerichtshof getragen worden. Das Landesarbeitsgericht hatte über die Urlaubsabgeltung bei einem Arbeitnehmer zu entscheiden, der seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub wegen einer Arbeitsunfähigkeit, die zu seiner Verrentung führte, nicht ausüben konnte.
Nach derzeitiger Gesetzeslage erlischt der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub am Ende des betreffenden Kalenderjahrs und spätestens am Ende eines Übertragungszeitraums. Dieser beträgt ? vorbehaltlich einer tarifvertraglich vorgesehenen Abweichung zugunsten des Arbeitnehmers ? drei Monate. War der Arbeitnehmer bis zum Ende dieses Übertragungszeitraums arbeitsunfähig, muss der nicht genommene Jahresurlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses nicht finanziell abgegolten werden.
Der Europäische Gerichtshof urteilte, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einem ordnungsgemäß krankgeschriebenen Arbeitnehmer nicht von der Voraussetzung abhängig gemacht werden kann, dass er während eines festgelegten Bezugszeitraums
(= Urlaubsjahr) tatsächlich gearbeitet hat. Folglich kann ein Mitgliedstaat den Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub am Ende eines Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums nur unter der Voraussetzung vorsehen, dass der betroffene Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit hatte, seinen Urlaubsanspruch auszuüben. Hatte er diese Möglichkeit nicht, muss sein Urlaubsanspruch abgegolten werden.
Maßstab für die finanzielle Vergütung des Urlaubs ist das gewöhnliche Arbeitsentgelt, dass dem betreffenden Arbeitnehmer während des Urlaubs gewährt worden wäre.
Hinweis: Diese Entscheidung widerspricht der derzeitigen Rechtslage in Deutschland. Das Bundesurlaubsgesetz wird daher entsprechend angepasst werden müssen (EuGH-Urteil vom 20.1.2009, Az. C-350/06 und -520/06).