Beschäftigt ein Unternehmen Arbeitnehmer und geht es davon aus, dass diese freie Mitarbeiter sind, kann es trotzdem als Lohnsteuer-Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden.
Zwar ist die Abgrenzung zwischen selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit schwierig und oft nur anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale zu beurteilen. Das reicht nach Ansicht des Bundesfinanzhofs aber nicht aus, um sich auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum zu berufen.
Für personalintensive Unternehmen ist die Qualifizierung der Beschäftigten als Arbeitnehmer oder Selbstständige für die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung besonders wichtig. Wer hier keine Anrufungsauskunft einholt, kann weder darauf vertrauen, dass die von ihm vertretene Rechtsansicht Bestand haben wird, noch sich auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum berufen.
Im zugrunde liegenden Fall wurden rund 1.000 Telefoninterviewer beschäftigt und das Honorar brutto ausbezahlt. Es wurden weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Die Lohnsteuer-Außenprüfung stufte die Tätigkeit als nichtselbstständig ein und forderte vom Unternehmen zu recht rund 350.000 EUR für nicht abgeführte Lohnsteuer nach.
Hinweis: Bei einer Vielzahl nachzufordernder Lohnsteuerbeträge kann es das Finanzamt für zweckmäßig erachten, den Arbeitgeber als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen, statt die Steuer von den einzelnen Arbeitnehmern nachzufordern (BFH-Urteil vom 29.5.2008, Az. VI R 11/07).